Der Handballsport gehört zu der Sportartengruppe der Sportspiele, in denen neben konditionellen und koordinativen Fähigkeiten und Fertigkeiten das Spielergebnis in einem hohen Grad auch von der Taktik in Angriff und Abwehr bestimmt wird. Teams und Spieler, die über eine hohe taktische Kompetenz verfügen, können diese als leistungsbeeinflussenden Faktor nutzen. Das trifft sowohl auf die Mannschafts- und Gruppentaktik zu, aber auch auf die Individualtaktik, wenn es unter den Druckbedingungen eines Spiels auf höchstem Leistungsniveau zum Beispiel darum geht, aus verschiedenen Möglichkeiten die richtige Entscheidung für eine bestimmte Spielsituation zu treffen. Wenn man als Verein, Trainer oder Spieler den Leistungsfaktor Taktik stärker ins Spiel bringen möchte, muss das in das bestehende organisatorische und inhaltliche Gefüge des regelmäßigen Trainingsbetriebs eingefügt werden. Angesichts der Verfügbarkeit von Hallenkapazitäten kann man dann schnell an Grenzen stoßen, wenn man das limitierte Kontingent an Hallenzeiten eventuell auch für die Intensivierung des Taktiktrainings einsetzen muss. Eine Entscheidung von entweder Athletik- oder Techniktraining in der Sporthalle ODER Taktiktraining würde in vielen Fällen dazu führen, dass dem erstgenannten Training Priorität eingeräumt wird. Die Forschungsgruppe von Hilke Zastrow, Nele Schlapkohl und Markus Raab hat aus der Kenntnis einerseits taktischer Leistungspotenziale im Handballsport und andererseits der oftmals anzutreffenden organisatorischen Grenzen das Konzept eines Messplatztrainings entwickelt, das außerhalb der Sporthalle absolviert werden kann. Hierbei handelt es sich um ein videobasiertes Messplatztraining zum Komplex Entscheidungsverhalten. Spielern wird damit ein Werkzeug in die Hand gegeben, mit denen sie schneller Spielsituationen erkennen können, und in der Folge richtige Fortsetzungsentscheidungen treffen können. Dazu wurden insgesamt sechs Teilstudien durchgeführt, in denen das Konzept schrittweise entwickelt und die entwickelten Lösungen evaluiert wurden. Im Ergebnis steht jetzt ein System zu Verfügung, das mobile 3D-Videobrillen einsetzt. Damit konnte eine wesentliche Voraussetzung geschaffen werden, um das Taktiktraining zu dezentralisieren und praktikabel zu gestalten. Die Überführung des Messplatzes in den praktischen Einsatz in Handballmannschaften unterschiedlichen Leistungsniveaus war ebenso Gegenstand des Projekts und wurde erfolgreich realisiert. Das Feedback von Spielern und Trainern war dabei vielversprechend. Die Trainer bekommen über das Messplatztraining wichtige Informationen in die Hand, die sie im Hallentraining nutzen können. Sie können auch gezielt Einfluss auf den perspektivischen Entscheidungsprozess nehmen, da jede der im Messplatztraining getroffenen Entscheidungen transparent ist und zwischen Spieler, Mannschaft und Trainer diskutiert und in der Folge verändert werden kann.
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