Untersuchung der qualitativen und quantitativen Veränderung zellfreier DNA im Blutplasma von Ausdauersportlern und Spielsportlern unter körperlicher Belastung

Vor etwa 10 Jahren wurde das erste Mal gezeigt, dass körperliche Aktivität einen Anstieg der zellfreien, zirkulierenden DNA (cfDNA) im Blutplasma induziert. Dieses Phänomen wurde zum Beispiel nach Ausdauerläufen und unter standardisierten Laborbedingungen wie Fahrrad- und Laufbandtests beobachtet. Die parallele Entwicklung der cfDNA- und Laktat-Konzentrationen im Stufentest weist auf die cfDNA als neuen potentiellen Marker für die Leistungsphysiologie hin. Bevor dieser molekulare Marker allerdings für die Leistungsdiagnostik eingesetzt werden kann, müssen zahlreiche offene Fragen zur leistungsphysiologischen Relevanz in unterschiedlichen Belastungssettings geklärt werden. Ziel des Projekts war es, den Einfluss verschiedener Belastungsformen und -intensitäten auf die cfDNA-Konzentration im Blutplasma von Ausdauer- und Spielsportlern bzw. -sportlerinnen zu bestimmen. Der Vergleich beider Sportlergruppen mit ihren sportartbedingt unterschiedlichen Beanspruchungsprofilen könnte weitere Aussagen bezüglich der Rolle der oben genannten Einflussgrößen auf die cfDNA-Konzentrationen zulassen. Spielsportler bzw. -sportlerinnen dürften mitunter besser an intermittierende Belastungen adaptiert sein, und gerade dieser Sachverhalt könnte mit einer sportartspezifischen Entwicklung der cfDNA-Konzentrationen im Blut in Abhängigkeit der gewählten Belastungsnormative zusammenhängen. Des Weiteren sollen die Veränderungen der cfDNA relativ zu den Änderungen von Laktatkonzentrationen und spiroergometrischen Messgrößen betrachtet werden, um den Nutzen der cfDNA als leistungsdiagnostischen Marker im Vergleich zu klassischen Messgrößen abschätzen zu können. Zur Untersuchung der cfDNA- und Laktat-Akkumulation unter intermittierender Belastung wurden 13 männliche Handballspieler und 13 männliche Hobby-Triathleten (24,7 (±3,1) Jahre) rekrutiert. Die Handballspieler und Triathleten reagierten auf die intermittierende Belastung mit einer jeweils 10,3-fachen Erhöhung der cfDNA im Blutplasma. Verglichen mit den stufenförmigen Belastungstests bewirkte die intermittierende Belastung einen 1,58-fach höheren cfDNAAnstieg. Laktat und VO2peak hingegen zeigten keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Protokollen. In der konstanten Ausdauerbelastung bei einer Geschwindigkeit von 9,6 km/h wurden bei gleich bleibendem Laktat-Level kontinuierliche Konzentrations- anstiege der cfDNA über die Zeit beobachtet (Abb. 1). Während der letzten 30 Minuten des Laufs stiegen die cfDNA-Konzentrationen in den Testpersonen, deren Laufgeschwindigkeit an der IAT unter dem Median (12,5 km/h) lag (Gruppe G1), um ein 3,46-faches an. Die cfDNA-Level der Teilnehmenden mit einer Laufgeschwindigkeit an der IAT über dem Median (Gruppe G2) stiegen um ein 2,05-faches. Die Laktat-Konzentrationen hingegen änderten sich in beiden Gruppen während des Laufs nicht. Die Korrelation zwischen der subjektiven Belastungsempfindung (RPE) und cfDNA war wesentlich höher (Spearman-Korrelation, r = 0,58, p < 0,0001) als zwischen RPE und Laktat (Spearman-Korrelation, r = 0,32, p < 0,05). Im Vergleich zum klassischen Stufenprotokoll erreichten die untersuchten Spiel- und Ausdauersportler im Intermittent-Test höhere cfDNAKonzentrationen. In Bezug auf Laktat und spiroergometrischer Parameter wie VO2peak ließ sich allerdings kein Unterschied zwischen beiden Protokollen feststellen. Die erhöhte cfDNA Akkumulation während intermittierender Belastungen könnte mit dem höheren Energieverbrauch erklärt werden. Unsere Arbeitsgruppe konnte bereits zeigen, dass die cfDNA-Menge im Blutplasma mit dem Energieverbrauch korreliert (Breitbach et al., 2014). Die höhere Belastungsintensität, die sich aus der höheren Maximalgeschwindigkeit im Intermittent-Test (24 km/h) gegenüber des Stufentests (20 km/h) ergab, könnte auch ein Faktor für die Bildung der cfDNA sein. Laktat hingegen bildete die höhere Intensität im Intermittent-Test nicht ab. Neben der Intensität weisen die Ergebnisse darauf hin, dass auch die Belastungsdauer mit der Anhäufung von cfDNA unter aeroben Belastungen im Zusammenhang steht. Während die Laktat-Konzentrationen während 40-minütiger aerober Dauerläufe nach einem 10-minütigen leichten Anstieg im Folgenden unverändert blieben, wurden kontinuierlich ansteigende cfDNAKonzentrationen im Blut gemessen. Unter aeroben Belastungen bei niedriger bis moderater Intensität scheint somit die Bildung von cfDNA unabhängig von Laktat stattzufinden. Im Gegensatz zum klassischen metabolischen Marker Laktat kann die cfDNA-basierte Leistungsdiagnostik in Zukunft noch völlig neue Aussagen ermöglichen. Neben quantitativen Aspekten bieten sich auch Möglichkeiten der qualitativen Untersuchung des Markers. Die DNA-Fragmentlängen sowie Sequenzanalysen der DNA liefern potentielle Hinweise auf die zelluläre Herkunft und Freisetzungsmechanismen der cfDNA. Auch die Messung mitochondrialer, zellfreier DNA ist aus sportmedizinischer Sicht interessant, da sie möglicherweise Einblicke zur Funktion der Mitochondrien bietet. (vom Autor übern. gek.)
© Copyright 2016 BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2015/16. Veröffentlicht von Sportverlag Strauß. Alle Rechte vorbehalten.

Schlagworte: Blut Belastung Analyse Laktat Messverfahren Untersuchungsmethode Leistungsdiagnostik Handball Triathlon Test
Notationen: Trainingswissenschaft Spielsportarten Ausdauersportarten
Veröffentlicht in: BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2015/16
Veröffentlicht: Hellenthal Sportverlag Strauß 2016
Seiten: 17-21
Dokumentenarten: Artikel
Buch
Forschungsergebnis
Sprache: Deutsch
Level: hoch