Design und Methodik eines Forschungsprojektes zum sportlichen Talent

Problemstellung Der Leistungsfaktor Schnelligkeit und vor allem die verschiedenen Teilkomponenten sind sowohl in bezug auf ihren Stellenwert als "frühe" Talentkriterien, als auch in bezug auf ihre spätere Einflußhöhe als leistungsbestimmende Merkmale sportartspezifischer Höchstleistungen in vielen Sportarten noch nicht hinreichend aufgeklärt. Dieses Forschungsdefizit gilt auch für die am Standort Magdeburg überdurchschnittlich leistungsstarken Sportarten Schwimmen (v. a. die Sprint-disziplinen) und Handball, aber auch für eine Reihe von leichtathletischen Disziplinen, insbesondere wiederum den Sprint. Daraus resultiert der grundsätzliche Anspruch der Untersuchung, bei diesen Disziplinen den direkten Einfluß elementarer und komplexer Schnelligkeitsfähigkeiten sowie den indirekten Einfluß von tieferliegenden Leistungsvoraussetzungen und -bedingungen auf die langfristige sportart-, alters- und geschlechtsspezifische Entwicklung sportlicher Talente im Großraum Magdeburg festzustellen. Methodisches Vorgehen Das Forschungsprojekt basiert auf einem sequentiellen Untersuchungsdesign, bei dem eine echte Längsschnittanalyse über einen 6jährigen Zeitraum mit einem querschnittlichen Kohortenvergleich kombiniert wird (vgl. Singer & Bös 1994, 25). In Abhängigkeit von der Stichprobenzusammensetzung sind 3 Erhebungswellen in den Jahren 1997/98, 1999/2000 und 2001/2002 geplant. Mit Hilfe der Analyse des longitudinalen Entwicklungsverlaufs der Untersuchungsmerkmale innerhalb der drei nach dem Schultyp gesplitteten Altersgruppen sollen die alters- und lebenszeitgebundenen Faktoren (a) langfristige Veränderung der Einflußhöhe der Teilkomponenten auf die Schnelligkeitsleistung und (b) langfristiger Einfluß der Schulform auf die Schnelligkeitsleistung untersucht werden. Die querschnittliche Analyse erfolgt in drei Untersuchungswellen im zweijährigen Abstand (1997/98, 1999/2000, 2001/02). Damit soll trotz der nur sechsjährigen Dauer der Gesamtuntersuchung das Wirkungsgefüge zwischen den Teilkom-ponenten und der Zielleistung über die gesamte Spanne des Besuchszeitraums des sportbetonten Schulkomplexes Magdeburg (und jeweils ein Jahr davor und darüber hinaus) erhellt werden. Durch die querschnittlichen Analyse über die fünf Altersgruppen (Kohorten) hinweg sollen die gesellschaftlich und historisch bedingten Faktoren (a) sportliche Leistungsstärke der Schülerjahrgänge, (b) schul- und trainingsorganisatorische Faktoren (Lehrer-/Trainerwechsel u. ä.) und (c) Trainingsstruktur der Schülerjahrgänge erfaßt werden. Als Personenstichprobe dient die Gesamtheit der Mädchen und Jungen des Sportschulkomplexes Magdeburg, die in den entsprechenden Sportarten trainieren, sowie eine vergleichbare Anzahl leistungssporttreibender (und in der Eingangsklasse leistungsmäßig vergleichbarer) Schüler aus nicht-sportbetonten Schulen im Großraum Magdeburg, die altersbezogen, sportartbezogen und geschlechtsbezogen ausgewogen verteilt werden. Die theoretisch postulierten, langfristigen und wechselseitigen Zusammenhänge der exogenen und endogenen Leistungsvoraussetzungen bzw. -bedingungen mit den Schnelligkeitsfähigkeiten und mit den momentanen und zukünftigen Wettkampfleistungen werden durch angemessene Strukturgleichungsmodelle mit latenten Variablen (z. B. Lisrel) spezifiziert. Mit Hilfe differenzierter Struktur-gleichungsmodelle lassen sich für die einzelnen Sportarten, Alterstufen und Geschlechter dann die kausal interpretierbaren Beziehungsgeflechte zwischen den untersuchten Merkmalen und Kriterien der Schnelligkeitsleistung bei den interessierenden Nachwuchsleistungssportlern aufklären. Die Strukturgleichungsmodelle lassen zugleich diejenigen Leistungsbedingungen, Leistungsvoraussetzungen und -komponenten deutlich hervortreten, die für die Prognose individueller sportlicher Leistungsentwicklungen besonders geeignet erscheinen. Die Limitierungshypothese wird empirisch mit Hilfe varianz- und ggf. diskriminanzanalytischer Verfahren überprüft, indem die im Verlauf des Untersuchungszeitraums sich ergebenden Gruppen der leistungsstarken und leistungsschwächeren Schnelligkeitssportler sowie ggf. der verbliebenen "Hochaktiven" und der "Drop outs" ex post facto daraufhin untersucht werden, ob sie sich in bezug auf die Merkmale der elementaren Schnelligkeitsfähigkeiten unterscheiden.
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Schlagworte: Talent Schwimmen Schnelligkeit Nachwuchsleistungssport Leistung Kurzstreckenlauf Handball
Notationen: Nachwuchssport
Veröffentlicht: 1998
Dokumentenarten: Kongressband, Tagungsbericht
Sprache: Deutsch
Level: hoch