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Sport auf dem Weg zur Abhängigkeit von Gesetzen und Politik. Der richtige Weg?

Ob sich der Sport auf dem Weg in eine babylonische Gefangenschaft der Gesetzgeber befindet ist nicht mehr die Frage. Der Sport ist längst Objekt der nationalen und internationalen Politik und er ist vielfach Gegenstand gesetzlicher Regelungen. Vorbei sind die Zeiten, in denen sportliche Betätigung reine Privatsache im Leben des Einzelnen und in der Gesellschaft war. Ob er dies überhaupt jemals war, ist zu bezweifeln. Bereits die Sieger in Olympia ernteten Ruhm, aber auch Ämter. Anreiz dafür, die Kräfte zu messen, war auch damals schon mehr als der Lorbeer. Im alten Rom war "panem et circenses" ein Mittel, um die Massen zu korrumpieren, und der Sport hatte insoweit eine der Politik und dem System dienende Funktion. In unserer Zeit hat der Sport in einer anderen Dimension seine Unschuld verloren. Er ist aufgespaltet in eine private Kategorie - Stichwort Massen- oder Breitensport - und in den Berufssport, wobei die Grenzen fließend sein können. Hochbezahlte Sportler, Sport als unverzichtbarer Bestandteil der passiven Freizeitgestaltung der Massen in unserer medialen Gesellschaft sowie die Vermarktung des Sports als großes Geschäft, kurz gesagt: der Sportler, der Zuschauer und der Vermarkter, dies sind die drei Kräfte, die den Sport heutzutage prägen und aus der privaten in die öffentliche Sphäre ziehen. Diese drei Kräfte erzeugen ein Kräftefeld von teils gleichlaufenden, teils aber auch konträren Interessen. Dieses Spannungsgeflecht ist aus sich selbst heraus, also ohne Eingriff staatlicher Instanzen nicht im Gleichgewicht zu halten. Unbestritten sind originär und primär die Sportverbände eigenverantwortlich aufgerufen, Konfliktregelungen und Interessenausgleich zu treffen. Der Staat hat die Autonomie der Sportverbände zu respektieren. Aber in einem Rechtsstaat gibt es keine rechtsfreien Räume - auch nicht für den Sport. Die Folge sind die zwei Säulen des Sportrechts: das autonome Verbandsrecht und das staatliche Gesetzesrecht. Diese Zweispurigkeit wird an den Problemen Doping und Freiheit der Berufsausübung im folgenden noch näher darzulegen sein. Fakt ist, daß als Konsequenz der fortschreitenden Professionalisierung, Vermarktung sowie gesellschaftlichen und ökonomischen Bedeutung des Sports auch dessen Verrechtlichung und Politisierung dramatisch um sich gegriffen hat. Dieser Effekt kommunizierender Röhre - je gravierender und intensiver die Ausstrahlung des Sports über seine private Betätigung hinaus, desto stärker der Zugriff öffentlicher Interessen - ist anhaltend und unumkehrbar. Fügt man zur Verrechtlichung und Politisierung noch die Kriminalisierung des Sports hinzu, wird die Dimension des Problems noch deutlicher. II. Es würde die Grenzen dieses Referats sprengen, auf alle sportrechtlichen und sportpolitischen Themen einzugehen. Zu nennen wären insoweit insbesondere - die Grenzen zwischen Verbandsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit - Kartell- und Wettbewerbsrecht - Sponsoring und seine Grenzen - zivil-, straf- und vereinsrechtliche Haftung für Verletzungen des Gegners. Ich will mich im wesentlichen auf zwei besonders gewichtige und für die gegenwärtige Situation des Sports in seinem Verhältnis zum Recht und zur Politik symptomatische Probleme beschränken: das Doping und das Sport-Berufsrecht (Stichwort: Bosman).
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Schlagworte: Doping Gesetz Politik Recht Sportart Sportpolitik
Notationen: Sozial- und Geisteswissenschaften
Veröffentlicht: 2000
Dokumentenarten: elektronische Publikation
Sprache: Deutsch
Level: mittel