Intervention der Bewegungsvorstellung und -beobachtung im Wasserspringen und deren neuronale Grundlage

Im Bereich Wasserspringen wurden bislang keine Studien durchgeführt, welche die Wirkmechanismen von Bewegungsvorstellungstraining oder Bewegungsbeobachtung und deren Perspektiven untersuchen. Bekannt ist, dass sich das regelmäßige Ansehen von Aufnahmen eigener Sprünge in bester Qualität signifikant auf die Lebhaftigkeit der Bewegungsvorstellung auswirkt. Einen aus dem PETTLEP-Ansatz abzuleitenden Interventionsansatz im Wasserspringen liefern Pithan und Stoll (2012). Durch Videomaterial aus interner und externer Perspektive soll dabei das Bewegungsvorstellungstraining zum Erlernen, Stabilisieren und Korrigieren von Bewegungen unterstützend eingesetzt werden. Ausgewählte Ergebnisse des Forschungsprojekts konnten Hinweise auf die neuronalen Wirkmechanismen des Bewegungsvorstellungstrainings spezifisch für Bewegungsabläufe im Wasserspringen liefern. Sowohl Bewegungsvorstellungen als auch Bewegungsbeobachtungen aus externer und interner Perspektive führten zu spezifischen Aktivierungsmustern der medialen Elektroden im a-Frequenzbereich. Die neuropsychophysiologische Grundlage, welche sich zumeist auf einfache Bewegungsabläufe, nicht spezifisch auf den Sport, bezieht, konnte bestätigt werden. Die Ergebnisse stehen somit im Einklang weiterer Studien, die sich mit sportartspezifischen Bewegungsmustern befassten. Die ermittelten Aktivierungsmuster scheinen über den Zeitverlauf der Erhebung relativ beständig zu sein, sodass kein Unterschied zwischen den Interventionen erfasst werden konnte. Die hohe Präzision der Sportart bedingt Schwankungen in der Qualität der Abläufe. Darüber hinaus setzt sich eine Vielzahl von Sprüngen nur aus einer geringen Zahl von Bewegungsabläufen zusammen. Neue Sprünge bauen somit meist auf bereits erlernte Sprünge auf. Daher liegt dem eine relativ stabile Repräsentation zugrunde. Das könnte eine Möglichkeit dafür sein, dass sich individuelle Unterschiede deutlicher zeigten als Gruppenunterschiede. Die unterschiedliche Ausprägung der Aktivierung zwischen Beobachtung und Vorstellung wurde vor allem zum zweiten Messzeitpunkt deutlich. Zum einen führte das Beobachten der Sprünge zu einer stärkeren Aktivierung als die Vorstellung der Bewegungsabläufe. Die externe Stimulation durch das Video scheint die Aktivierung zu unterstützen und könnte daher dem Bewegungsvorstellungstraining dienlich sein. Dies konnte zwar quantitativ nicht bestätigt werden, entspricht aber der subjektiven Einschätzung der Athleten bzw. Athletinnen. Dabei berücksichtigt werden muss allerdings, dass es notwendig war, alle Bedingungen mit geöffneten Augen durchzuführen, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Eine mögliche Erklärung für die Reduktion der Aktivität von der Vormessung zur Nachmessung lässt sich im Sinne eines Lernprozesses verstehen. Die geringere Aktivität zur Nachmessung in Verbindung mit gleichbleibender Qualität (nach subjektiver Einschätzung) spricht für eine ressourcenorientierte Nutzung im Sinne einer neuronalen Effizienz. Nach persönlicher Einschätzung der Athleten bzw. Athletinnen wurde bereits zu den Erhebungszeitpunkten deutlich, dass sich der Einbezug des Videomaterials zur Vorbereitung der Vorstellung als nützlich erweisen könnte. Dieses Vorgehen wird z. B. auch bei amerikanischen Wasserspringern für sinnvoll erachtet. Während der Interventionen waren die Athletinnen und Athleten beider Interventionen gleichermaßen diszipliniert und absolvierten regelmäßig ihre Trainingseinheiten. Im Anschluss an die Studie scheint es so zu sein, dass der Gebrauch des Videomaterials sich motivational auf das Absolvieren des Bewegungsvorstellungstrainings auswirkt. Die gewonnenen Erkenntnisse und Trainingsinhalte werden im Rahmen von Fachtagungen, Trainerfortbildungen, Athletenbetreuung und Betreuungsprojekt vertieft und in die Praxis umgesetzt. (vom Autor übern. gek.)
© Copyright 2016 BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2015/16. Veröffentlicht von Sportverlag Strauß. Alle Rechte vorbehalten.

Schlagworte: Wasserspringen Technik Lernen Bewegungsvorstellung Sportpsychologie Beobachtung Video
Notationen: Trainingswissenschaft technische Sportarten Sozial- und Geisteswissenschaften
Veröffentlicht in: BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2015/16
Veröffentlicht: Hellenthal Sportverlag Strauß 2016
Seiten: 119-124
Dokumentenarten: Artikel
Buch
Forschungsergebnis
Sprache: Deutsch
Level: hoch