Auswirkungen von dynamischen Kraftbelastungen und simultaner elektrischer Stimulation auf akute metabolische, enzymatische und hormonelle Reaktionen sowie langfristige Anpassungen differentieller Kraft-, Ausdauer- und Schnelligkeitsparameter an einen 6-wöchigen Trainingsblock

Elektromyostimulation (EMS) ist als effektiver Reiz etabliert, um Kraft-, Sprint- und Sprungfähigkeiten von Athletinnen und Athleten zu verbessern (Review von Filipovic, Kleinöder et al., 2012). Die Ergebnisse der meisten Studien basieren auf EMS-Interventionen mit zumeist maximaler Stimulation in isometrischen oder rein konzentrischen Kontraktionsphasen. Zudem beschränkt sich die Stimulation isoliert auf einzelne Muskelgruppen, im speziellen oft auf den Beinstrecker. Die Kombination von hochintensiven mechanischen Kraftbelastungen und submaximaler EMS bei dynamischer Bewegungsausführung kann Vorteile beider Methoden vereinen. Dies sind neuronale und strukturelle Anpassungen an intensive mechanische Reize und EMS-spezifische Anpassungen aufgrund der höheren Aktivierung schneller Muskelfasern. Hinzu kommt eine höhere Aktivierung und Kraftentfaltung über das gesamte Bewegungsausmaß. Diese Art des Trainings könnte effektiver als die Stimulation eines einzelnen Muskels bei einer bestimmten Länge funktionelle Fähigkeiten wie Sprung- und Sprintleistungen verbessern. Zusätzlich zur submaximalen Stimulation der Muskulatur über ein festgelegtes Bewegungsausmaß in dynamischer Ausführung können moderne Ganzkörper-EMS Geräte außerdem mehrere Muskelgruppen simultan ansteuern und so Muskelketten unterstützend stimulieren und dadurch das Training intensivieren. Durch die simultane Stimulation von Agonisten und Antagonisten kann auch eine größere Körper- und Gelenksstabilisation erreicht werden. Es wurde untersucht, welche physiologischen Reaktionen (VO2, Laktat, hormonelle Blutparameter) während und nach dynamischem Training mit mechanischen Reizen und EMS-Überlagerung auftreten und welche Effekte ein 6-wöchiger Trainingsblock auf athletische Fähigkeiten hat. Hierzu haben 2 Trainingsgruppen identisch standardisierte, dynamische Kraftbelastungen (Kniebeugen mit Zusatzlast) durchgeführt, wobei eine Gruppe mit simultan applizierter EMS trainierte (S = "Strength"-Gruppe; S+E = "Strength+EMS"-Gruppe). Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchungen sind, dass keine signifikanten Unterschiede in physiologischen Reaktionen auftreten und beide Gruppen ähnlichen Anpassungen unterliegen. EMS simultan zu ausbelastenden mechanischen Kraftbelastungen scheint akut kaum oder nur geringe zusätzliche Effekte auf den Organismus zu haben. Im Bereich der Kraftanpassungen der Beinmuskelkette sind die Effekte ebenfalls ähnlich zwischen den Gruppen, mit zusätzlich spezifischen Verbesserungen der Beinbeugemuskulatur für die S+E-Gruppe. Diese Verbesserungen konnten allerdings nicht in die Bewegungsspezifik des Linearsprints übertragen werden. Anschließende Untersuchungen sollten Programme zum Übertrag dieses gewonnenen Potentials in die Bewegungsspezifik (Utilisation) entwickeln und überprüfen. Beide Gruppen zeigten signifikante Verbesserungen in Sprungkraftfähigkeiten und keine signifikanten Veränderungen der Ausdauerfähigkeiten.
© Copyright 2015 BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2013/14. Veröffentlicht von Sportverlag Strauß. Alle Rechte vorbehalten.

Schlagworte: Trainingsmethode Trainingswissenschaft Sportwissenschaft Adaptation Kraft Ausdauer Schnelligkeit Biochemie EMS Hormon Sportphysiologie
Notationen: Trainingswissenschaft
Veröffentlicht in: BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2013/14
Veröffentlicht: Köln Sportverlag Strauß 2015
Seiten: 65-71
Dokumentenarten: Artikel
Forschungsergebnis
Sprache: Deutsch
Level: hoch