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Identifikation von Talenten im Sport aus entwicklungstheoretischer Perspektive eine vierjährige Längsschnittsstudie an Schweizer Nachwuchsskirennfahrerinnen und -fahrern

Sportverbände stehen vor der Herausforderung, (möglichst früh) Athletinnen und Athleten zu identifizieren, die mit dem Ziel sportlicher Höchstleistungen auf internationalem Niveau gefördert werden sollen. Diese Nachwuchssportlerinnen und -sportler werden als talentiert oder als Talente bezeichnet. In der sportwissenschaftlichen Literatur sind unterschiedliche Ansätze zu finden, wie das Konstrukt Talent im Sport erklärt und definiert werden kann. Die Ansätze reichen von statisch-engen zu dynamisch-weiten Definitionen. Allerdings bleibt bei den Definitionen oftmals unklar, auf welchen theoretischen Überlegungen sie abgestützt sind. Neben der Klärung des Konstrukts Talent im Sport stellt die Suche nach geeigneten Talentmerkmalen eine grosse Herausforderung dar. In der Talentforschung wird dies zumeist mittels Variablen-orientierten Forschungsansätzen versucht, die jedoch dynamische Aspekte der individuellen Entwicklung nur bedingt berücksichtigen. Selten wird ein Person-orientierter Forschungsansatz angewendet, der auf einer holistische Betrachtungsweise der menschlichen Entwicklung basiert. Aufbauend auf systemischen Entwicklungstheorien (Ford & Lerner, 1992; Magnusson, 1988; Thelen & Smith, 1998) werden in der vorliegenden Arbeit eine Arbeitsdefinition und ein Arbeitsmodell für die Erklärung des Konstrukts Talent im Sport herausgearbeitet. Anhand des Arbeitsmodells werden fünf Subsysteme, die als relevant für die Entwicklung der Talente erachtet werden, skizziert: Athletin / Athlet, Sportliches Umfeld, Schulisches Umfeld, Familiales Umfeld und Soziales Umfeld. Sie bilden den Ausgangspunkt für die empirische Untersuchung. In einer vierjährigen Längsschnittstudie an Schweizer Skirennfahrerinnen und -fahrern werden mit einem breiten Erhebungsansatz mögliche Talentmerkmale erhoben. Die Studie basiert auf einer Methodentriangulation aus retrospektiver und prospektiver Datenerhebung sowie quantitativen und qualitativen Erhebungsverfahren. In der Analyse werden Variablen- und Person-orientierte Auswertungsstrategien angewendet. Die Ergebnisse zeigen, dass einzelne Variablen für prognostische Aussagen kaum tauglich sind. Sie differenzieren nur vereinzelt zwischen den Leistungsgruppen und weisen zumeist eine ungenügende Positionsstabilität auf. Die Person-orientierten Analysen decken mit Blick auf das zu prognostizierende Kriterium verschiedene Entwicklungstypen und -antitypen auf. Mittels den qualitativen Analysen wird die Individualität in der Entwicklung der Talente deutlich gemacht. Aufgrund der verschiedenen Wechselwirkungen innerhalb und zwischen den Subsystemen kann DER Typus "Talent" jedoch nicht spezifiziert werden. Die in der Arbeit angestrebte Loslösung von einem Variablen-orientierten, weiten zu einem Person-orientierten, weiten Verständnis von Talent im Sport kann aus einer theoretischen Sichtweise geleistet werden. Die methodische Umsetzung der empirischen Untersuchung bestärkt zudem diesen Wechsel in der Talentforschung.
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Schlagworte: Nachwuchsleistungssport Förderung langfristiger Leistungsaufbau Schweiz alpiner Skisport Eignung Auswahl Organisierung Talent Sportpolitik Ausbildung
Notationen: Nachwuchssport Leitung und Organisation Sportgeschichte und Sportpolitik
Veröffentlicht: Bern Universität Bern 2013
Seiten: 185
Dokumentenarten: Dissertation
Sprache: Deutsch
Level: hoch