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Biomedizinische Grundlagen zum Krafttraining im Kindes- und Jugendalter

Entgegen früherer Befürchtungen, bewerten aktuelle Positionspapiere der American Academy of Pediatrics (AAP), des American College of Sport Medicine (ACSM) oder der National Strength and Conditioning (NSCA) ein Training im Kindes- und Jugendalter einheitlich als effektiv und sicher. Demgegenüber stehen nationale Lehrbücher, welche noch immer die tradierten Vorstellungen wiedergeben sowie eine rudimentäre Einbindung von Krafttraining in zahlreichen Rahmentrainingsplänen für den Nachwuchsleistungssport. Das bedeutet wir hinken der internationalen Entwicklung in diesem Bereich um etwa 20 bis 30 Jahre hinterher. Daher war es das primäre Ziel der vorliegenden Arbeit, die vorhandene Datenlage im Bezug auf dieses Thema zusammenzutragen und etwaige Forschungsdesiderate herauszustellen. Die Analyse von 69 Interventionsstudien zeigte, dass Krafttraining über alle Altersgruppen hinweg effektiv ist und die gewonnen Kraftzuwächse durchaus mit denen von Erwachsenen verglichen werden können. Einige Autoren fanden für präpubertäre Kinder sogar größere Zuwächse als in späteren Reifestadien. Die mittlere auxotonischen, isokinetischen und isometrischen Kraftzuwächse lagen bei 31,6% (23 Studien), 20.1% (6 Studien) und 26,3% (17 Studien). Bislang haben nur wenige Studien (n = 7) ihre Ergebnisse für weibliche Probanden isoliert angegeben. Da diese Studien widersprüchliche Ergebnisse zeigten, kann aktuell nicht abschließend beurteilt werden, ob die Muskelkraft von Mädchen weniger trainierbar ist als die von Jungen. Da einige Studien trotz signifikanter Kraftverbesserungen bei präpubertären Kindern keine Muskel-hypertrophie nachweisen konnten, werden die Kraftzuwächse bei Kindern in der Regel einer verbesserten neuromuskulären Aktivierung zugeschrieben. Ein Großteil der zugrundeliegenden Studien nutzte jedoch ungenaue Messmethoden, um die strukturellen Veränderungen zu erfassen. Im Gegensatz dazu fanden die wenigen Studien, welche präzisere Messmethoden verwendeten, auch bei präpubertären Kindern eine signifikante Zunahme des Muskelwachstums. Darüber hinaus existieren nur wenige Studien, welche die oben genannte Annahme stützen, dass vornehmlich neuromuskuläre Veränderungen für die Kraftzuwächse verantwortlich sind. Entgegen der Befürchtungen, die mit einem Krafttraining im Kindes- und Jugendalter verbunden waren, ist zu sagen, dass es sich hierbei um eine risikoarme Trainingsform handelt. Neben der Tatsache, dass bislang in keiner einzigen prospektiven Studie die häufig befürchtete Schädigung der Epiphysenfugen beobachtet werden konnte, fanden sich auch in den 69 analysierten Studien lediglich zwei leichte Verletzungen. Ganz im Gegensatz dazu lassen sich vermehrt Studien finden, welche positive Effekte auf die Gesundheit beschreiben. Dazu gehören u.a. eine vermehrte Knochenmineralisation, eine verbesserte Körperzusammensetzung und positive Effekte auf die Psyche. Insgesamt kann zwar gesagt werden, dass Krafttraining während der Kindheit und Jugend effektiv ist, jedoch sind die zugrundeliegenden Mechanismen der Kraftzuwächse in großen Teilen noch unbekannt.
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Schlagworte: Kind Jugend Nachwuchsleistungssport Kraft Training Muskel Belastbarkeit Trainierbarkeit
Notationen: Biowissenschaften und Sportmedizin Trainingswissenschaft Nachwuchssport
Veröffentlicht: Köln Deutsche Sporthochschule 2011
Seiten: 218
Dokumentenarten: Dissertation
Sprache: Deutsch
Level: hoch